Familie Hermann und Emmy Devries
Familie Hermann und Emmy Devries
Diese Stolpersteine werden verlegt für die Mitglieder der Familie Devries, vormals wohnhaft in der Mindener Straße 29.
Vier Steine für vier Menschen:
Hermann Devries, geboren am 2. Februar 1894 in Uedem am Niederrhein.
Seine Ehefrau Emmy Devries, geb. Block, geboren am 7. Januar 1898 in Petershagen.
Ihre Tochter Hertha Devries, geboren am 11. Januar 1924 in Petershagen.
Ihr Sohn Arthur Devries, geboren am 11. Mai 1930 in Petershagen.
Das Ehepaar Devries war ab 1925 Eigentümer einer Textilmanufaktur in Peterhagen, bis 1929 führten sie zudem auch einen Schuhmacherhandel. Ab dem 1. Juni 1929 war Hermann Devries laut Gewerbekarte nebenberuflich Agent bei der Nationalen Stettiner Feuerversicherung als Vertreter im Außendienst.
Die Kinder, Hertha und Arthur, besuchten bis 1938 die Petershäger Volksschule. Hertha Devries wird als ein hübsches, lustiges Kind mit dunklen Augen und dunklen, lockigen Haaren beschrieben, es existiert ein Gruppenfoto aus den frühen 30er Jahren, auf dem sie gemeinsam mit ihrer Klasse abgebildet wird, gemeinsam mit Erich Hertz und Margot Jacob, später verheiratete Scheurenberg.
Hermann Devries war ab dem Jahr 1930 bis zum 1. April 1938 im Vorstand der Synagogengemeinde Petershagen, zusammen mit Viktor Hertz und Meier Poli.
Durch den „Schadensbericht" des Petershäger Amtsbürgermeisters vom 17. November 1938 ist belegt, dass in der der Reichspogromnacht am 9. November 1938 u.a. auch das Geschäft der Familie Devries in Mitleidenschaft gezogen wurde, indem die Schaufensterscheiben zertrümmert wurden. Unmittelbar nach den Novemberpogromen erging am 12. November 1938 die "Verordnung zur Ausschaltung der Juden aus dem deutschen Wirtschaftsleben", diese verbot den Juden ab dem 1. Januar 1939 den Betrieb von Einzelhandelverkaufsstellen, Versandgeschäften, Bestellkontoren und den selbständigen Betrieb eines Handwerks.
Auch die Familie Devries musste aufgrund dieser Lage ihr Geschäft aufgeben. In der Gewerbekarte von Hermann Devries ist für die Aufgabe des Ladens der 1. Oktober 1938 vermerkt, für die endgültige Abmeldung der 14. November 1938.
Nach den Novemberpogromen wurden grds. alle männlichen, volljährigen Petershäger Juden über Bielefeld in das KZ Buchenwald deportiert, teilweise wurden sie nach einiger Zeit wieder entlassen, wenn sie eine Erklärung unterzeichneten, dass sie ihre Geschäfte aufgeben und Deutschland verlassen würden. Wir wissen nicht 100%, ob Hermann und Arthur Devries von dieser Zwischendeportation ebenfalls betroffen waren, aber es ist zumindest sehr wahrscheinlich.
Am 30. März 1942 wurde die gesamte Familie Devries endgültig von den Nazis deportiert. In der Einwohnermeldekarte von damals ist vermerkt: "nach unbekannt verzogen". Es gilt mittlerweile aber als sicher -auch laut Auskunft des Suchdienstes des Roten Kreuzes in Bad Arolsen-, dass dieser Transport in Warschau endete und die Familie im Warschauer Ghetto einquartiert wurde. Was dort letztendlich mit der Familie geschah, wissen wir nicht. Daher sind auf ihren Steinen nur drei Fragezeichen eingraviert, als Symbol für ihr ungewisses Schicksal.
Quellen
Mündliche Überlieferung: Kurt Scheurenberg
Stadtarchiv der Stadt Petershagen, Meldekartei, Gewerbekarte
www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/intro.html. Gedenkbuch- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933–1945
www.yadvashem.org/wps/portal/IY_HON_Welcome. The Central Database of Shoah Victims' Names.
Judenschicksale in einer kleinen Stadt , Martin Bodenstein, Freie Presse Nr. 26, 1960
Die jüdische Gemeinde Petershagen im Dritten Reich, Kristan Kossak
Alte Synagoge Petershagen: Historisches Jahrbuch Petershagen Band 2, 2003-2004, Arbeitsgemeinschaft Alte Synagoge Petershagen, Wolfgang Battermann, Martin Bodenstein, Arno Herzig, Bernhard Brilling, Ilse Birkwald, Uwe Jacobsen, Elfie Pracht, Berthold Fahrendorf-Heeren
Chronik der Stadt Petershagen 1933-1945, Karl Großmann
Suchdienst des Internationalen Roten Kreuzes, Bad Arolsen
Hindenburgstr. 29,
heute Mindener Straße 29
HIER WOHNTE
HERMANN DEVRIES
JG. 1894
DEPORTIERT 1942
GHETTO WARSCHAU
???
Hindenburgstr. 29,
heute Mindener Straße 29
HIER WOHNTE
EMMY DEVRIES
GEB. BLOCK
JG. 1898
DEPORTIERT 1942
GHETTO WARSCHAU
???
Hindenburgstr. 29,
heute Mindener Straße 29
HIER WOHNTE
HERTHA DEVRIES
JG. 1924
DEPORTIERT 1942
GHETTO WARSCHAU
???
Hindenburgstr. 29,
heute Mindener Straße 29
HIER WOHNTE
ARTHUR DEVRIES
JG. 1930
DEPORTIERT 1942
GHETTO WARSCHAU
???