Therese Jacob

 
 

Dieser Stolperstein wird zum Gedenken an Therese Jacob, geb. Block verlegt.


Therese Jacob wurde am 15. Januar 1889 in Petershagen geboren. Aufgrund ihrer Heirat mit Albrecht Jacob zog sie dann aber nach Freienohl ins Sauerland, dort wurde am 17. Januar 1925 ihre einzige Tochter Margot geboren. Ihr Ehemann Albrecht verstarb infolge von Kriegsverletzungen aus dem I. Weltkrieg am 8. Februar 1925, nicht einmal einen Monat nach der Geburt seiner Tochter.


Nach dem Tod des Ehemannes zogen Frau Jacob und ihre Tochter wieder zurück in das alte Elternhaus in der damaligen Hindenburgstraße 21 in Petershagen. In der Fährstraße ganz in der Nähe lebte ihre Mutter Marianne Block gemeinsam mit Thereses Schwester Grete Hertz, geb. Block, deren Mann Viktor und den Nichten und Neffen Dagmar, Hanni und Siegbert. Frau Jacob war Hausfrau und hatte ihren Neffen Erich Hertz in ihrem Haus aufgenommen.


Therese Jacob und ihre Tochter Margot waren unter den ersten jüdischen Mitbürgern, die deportiert wurden. Karl Großmann schreibt in seiner Chronik im Jahr 1941: „Am 10. Dezember mussten die ersten jüdischen Familien Petershagen verlassen. Es waren zunächst sieben Personen". Der endgültige Tag der Deportation war der 13. Dezember 1941 über die Sammelstelle Bielefeld. In der Einwohnermeldekartei ist unter „Abmeldung" und der Rubrik „wohin" vermerkt: „Teilnehmer der Evakuierung nach Riga". Die Nazis haben häufig diesen verharmlosenden und zynischen Begriff der „Evakuierung“ benutzt.


Eine Verordnung vom November 1941 besagte, dass das Vermögen von Juden, die in die Ostgebiete abgeschoben werden sollten, „zugunsten des Deutschen Reiches eingezogen wird, außer 100 Reichsmark und 50 kg Gepäck je Person". Auch das Elternhaus von Therese Jacob wurde als unbewegliches Vermögen von der Finanzverwaltung eingezogen und später vermietet. Nach dem Krieg, im Jahre 1955, wurde das Haus abgerissen.


Therese Jacob hat die Deportation und die Internierung im Ghetto Riga nicht überlebt. Sie verstarb im April 1942 im Alter von 53 Jahren an den Folgen einer Unterernährung, im Ghetto Riga grassierte damals die Hungerruhr. Ihre Tochter Margot ist die einzige Jüdin aus Petershagen, die lebend nach Petershagen zurückgekehrt ist. Noch bis Anfang Dezember 1941 hatte Margot eine Schule in Berlin besucht, um dort Kinderpflegekurse zu absolvieren, aber als auch diese Schule geschlossen wurde, hatte ihre Mutter Therese ihr einen Brief geschickt in dem stand: „Komm nach Hause Kind, es ist wohl bald Schluss.“ Nachdem Margot dann tatsächlich zurückgekehrt war, zog sie sich kurz vor der Deportation einen Knochenriss in einem ihrer Füße zu. Als Mutter und Tochter daher zur Behandlung ins Mindener Krankenhaus gingen, um den Fuß röntgen zu lassen, sagte Therese Jacob zum Arzt: „Herr Doktor, ich möchte sie aber darauf hinweisen, dass wir keine Arier sind.“ Die Antwort darauf: „Dann können wir Sie leider nicht behandeln.“


Angekommen im Ghetto Riga, so erinnerte sich seinerzeit die Tochter Margot, „wurde ihr die Mutter von der Seite gerissen“. Sie hat sie nie wiedergesehen. Margot Jacob kam 1945 im KZ Stutthof bei Danzig frei, nachdem die russischen Truppen das Lager erreicht hatten. Kurt Scheurenberg, ihr späterer Ehemann, war ebenfalls gegen Ende des Krieges im KZ Stutthof inhaftiert. Er kam Ende März 1945 frei, als er aus dem Lager entkommen konnte.


Margot und Kurt Scheurenberg sind beide nach dem Krieg und nach dem Grauen, was sie erlebt haben, in ihre alte Heimat zurückgekehrt und sind wieder in Frille in das alte Elternhaus von Kurt Scheurenberg eingezogen. Sie haben im Jahr 1946 geheiratet und vier Kinder großgezogen. Leider kann Margot Scheurenberg heute nicht mehr mit uns diese Verlegung eines Stolpersteines für Ihre Mutter miterleben. Aber ihr Mann Kurt und ihr Sohn Harald, der heute Vorsitzender der Jüdischen Kultusgemeinde Minden ist, sind heute hier, worüber ich mich sehr freue und ich möchte mich an dieser Stelle bedanken, dass sowohl die Familie Scheurenberg als auch die jüdische Kultusgemeinde unser Stolpersteinprojekt so wohlwollend unterstützt haben und dass Kurt Scheurenberg mir so viel über seine Familie und ihr Schicksal erzählt hat.



Quellen

Mündliche Überlieferung: Margot und Kurt Scheurenberg

www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/intro.html. Gedenkbuch, Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945

www.yadvashem.org/wps/portal/IY_HON_Welcome. The Central Database of Shoah Victims' Names

Judenschicksale in einer kleinen Stadt - Martin Bodenstein, Freie Presse Nr. 26, 1960

Die jüdische Gemeinde Petershagen im Dritten Reich - Kristan Kossak

Alte Synagoge Petershagen: Historisches Jahrbuch Petershagen Band 2, 2003-2004, Arbeitsgemeinschaft Alte Synagoge Petershagen, Wolfgang Battermann, Martin Bodenstein, Arno Herzig, Bernhard Brilling, Ilse Birkwald, Uwe Jacobsen, Elfie Pracht, Berthold Fahrendorf-Heeren

Hindenburgstr. 21,

Heute Mindener Straße 21


HIER WOHNTE

THERESE JACOB

GEB. BLOCK

JG. 1889

DEPORTIERT 1941

RIGA

ERMORDET