JÜdische Geschichte in Petershagen
Zahlen - Daten - Fakten
JÜdische Geschichte in Petershagen
Zahlen - Daten - Fakten
Arno Herzig
Jüdische Geschichte in Petershagen. In: Alte Synagoge Petershagen. Menschen, Spuren, Wege.
S.11-23, Historisches Jahrbuch Petershagen, Bd.2, 2004. ISBN 3-8334-0795-6
1548/9
Erste Niederlassung jüdischer Einwohner in Petershagen aufgrund des Judengeleits des Bischofs Franz von Waldeck (Reg. 1530-1553).
1562
Brief des Moses Petershagen an seinen Bruder in Frankfurt am Main, in dem er darüber klagt, das verlangte Geleitgeld (zur Niederlassung in Minden?) von 200 Gulden nicht zu besitzen.
1570
Um diese Zeit vertritt der Petershäger Jude Isaak die Judenschaft beim Landesherrn, dem Fürstbischof Mindens.
1621
Dieses Amt übt nun Seligmann zu Petershagen aus.
1650
In Petershagen entwickelt sich eine Gemeinde mit eigener Synagoge, einer so genannten Stubensynagoge, die 1652 erstmals erwähnt wird. Diese Tatsache ist wohl der Politik des neuen Landesherrn, dem Großen Kurfürsten, zuzuschreiben.
1680
In den folgenden Jahren umfasst die jüdische Gemeinde 8 Haushalte und verfügt damit über das notwendige Minjan von 10 Männern, die den Kern der Gemeinde bilden und für die Durchführung des Gottesdienstes erforderlich sind.
1692
Zum ersten Mal wird der so genannte Judenberg als jüdische Begräbnisstätte erwähnt.
1714
Zwangsumsiedlung der Juden aus den Dörfern in die größeren Flecken und Städte unter König Friedrich Wilhelm I. (Reg. 1713-1740). Die Zahl der jüdischen Familien in Petershagen steigt deshalb auf 12 an, mehr als in Minden zu diesem Zeitpunkt.
1757
Die Zahl der Haushalte sinkt auf 10 unter Friedrich II. (Reg. 1740-1786). Petershagen besitzt dennoch nach Minden und Lübbecke die drittgrößte jüdische Gemeinde des Fürstentums Minden. Seit diesem Jahr versieht der Lehrer vermutlich auch die kultischen Funktionen.
1763
Die Gemeinde fasst den Bau einer Synagoge ins Auge. Die Regierung verweigert jedoch die Erlaubnis aufgrund der restriktiven Politik des Königs.
1796
Die Gemeinde vermag es, ein unbebautes Grundstück für die „Anlegung ihrer Schule“, d.h. die Synagoge, einen Fachwerkbau, zu erwerben. Es ist dasselbe Grundstück in der ehemaligen Synagogenstraße, der heutigen Goebenstraße, auf dem auch heute noch die Synagoge steht. Dazu gehört eine direkt nach Westen angebaute Schule mit Lehrerwohnung und Mikwe.
1845/6
Die Gemeinde (14 Haushaltsvorstände) errichtet die heutige Synagoge als Backsteinbau mit Frauenempore auf derselben Parzelle. Nun verfügt die jüdische Gemeinde mit dem Friedhof über die für das jüdische Gemeindeleben erforderliche Infrastruktur.
1853
Gemäß der durch Gesetz in Preußen vorgeschriebenen Bildung von Synagogenbezirken schließen sich 8 Gemeinden zur Synagogengemeinde Petershagen zusammen (Petershagen, Schlüsselburg, Ovenstädt, Heimsen, Windheim, Frille, Quetzen, Bierde).
1865
Die jüdische Gemeinde erhält eine Gemeindeordnung, die die Gottesdienste und die Gemeindeorganisation regelt.
1866
Auf dem Höhepunkt der Mitgliederzahl verzeichnet die Gemeinde 198 Mitglieder, davon 90 in der Stadt Petershagen.
1871
Jetzt leben in der Stadt 82 jüdische Personen, die 4,6% der Bevölkerung ausmachen.
1905
Zu diesem Zeitpunkt sind es nur noch 60 jüdische Einwohner, 2,9% der Bevölkerung.
1933
Im Synagogenbezirk Petershagen leben 99 jüdische Einwohner, davon 43 in der Stadt Petershagen. In der Provinz Westfalen geht der Anteil jüdischer Bürger von 1% (1871) auf 0,5% (1925) zurück, was u.a. auch auf Landflucht und Bevölkerungsrückgang zurückzuführen ist.
1938
Schändung der Synagoge und Zerstörung der Inneneinrichtung am 10. November.
1941/2
Deportation und Ermordung der Petershäger Juden. Nur Max Block, Margot Jakob und Kurt Scheurenberg überleben. Die jüdische Gemeinde existiert nicht mehr.