Familie Dr. Moritz und Johanna Oppenheim

 
 

Hier wohnte und praktizierte vor dem 2. Weltkrieg der Arzt Dr. Moritz Oppenheim (Praxis und Wohnhaus der jüdischen Familie Oppenheim). Moritz Oppenheim wurde am 23.5. 1871 in Rodenberg, Kr. Grafschaft Schaumburg, geboren. Seine Eltern waren der Lehrer Josef Oppenheim und dessen Ehefrau Johanna, geb. Goldstein. Moritz Oppenheim heiratete Johanna (Hanna) Lindemeyer (geboren am 1.6. 1888 in Petershagen), die Tochter des Bankiers und Kommunalpolitikers Moritz Lindemeyer (1842-1930). Während der 20er-Jahre gehörte die Arztfamilie zur wohlhabenden gesellschaftlichen Oberschicht der Kleinstadt Petershagen.


Dr. Moritz Oppenheim ist kommunalpolitisch und sozial in Petershagen engagiert gewesen, dies bezeugen die Protokollbücher der Stadt Petershagen. Er war Stadtverordneter, Mitglied verschiedener Kommissionen und als Armenarzt der Gemeinde tätig. Darüberhinaus Sanitätsarzt, Mitglied des Schulvorstands Rektoratsschule, Vorsitzender des Elternbeirates der Aufbauschule (1929) und Mitglied der Kommission Weserbrückenbau/Bau des Städt. Krankenhauses Petershagen.


Das Ehepaar hatte drei Kinder: Hans, Fritz und Edith Oppenheim (Hans geboren 1909, Fritz geboren 1911 und Edith geboren 1914). Die drei Kinder waren evangelisch getauft, da die Oppenheims nicht mehr der Synagogengemeinde Petershagen angehörten.


1938 wurde auch ihm, wie allen anderen jüdischen Ärzten, die Approbation entzogen. Da er die Familie ernähren musste, praktizierte er auch noch im Alter von 67 Jahren.


Im November 1939 werden Ausreiseabsichten von ihm bekannt, doch zu diesem Zeitpunkt war die Ausreise aussichtslos geworden (mit Kriegsbeginn wurden die Grenzen geschlossen).


Am 20.12. 1941 musste er mit seiner Ehefrau das Wohnhaus verlassen und wurde zwangsweise umquartiert in das sog. „Judenhaus“ in der Bahnhofstr. 33 (vor 1945 Adolf-Hitler-Str. 33). Auf engstem Raum mussten die jüdischen Bürger, die wie Dr. Oppenheim ein eigenes Haus hatten, hier leben, bis sie schließlich deportiert wurden. Im hohen Alter von 72 Jahren wird Dr. Moritz Oppenheim zusammen mit seiner Frau Hanna von Petershagen aus über Bielefeld am 28. Juli 1942 nach Theresienstadt deportiert. Schon kurze Zeit darauf endet sein Leben am 5.10.1942 in Theresienstadt. Das gesamte Vermögen verfiel gemäß der Verordnung des Reichsbürgergesetzes vom 25.11.1941 dem Reich. Laut polizeilicher Meldung war er „ins Ausland verzogen“, dies als gängige Umschreibung für Deportationen.


Hanna (Johanna) Oppenheim, die zum Zeitpunkt der Deportation 57 Jahre alt war, wurde in das Konzentrationslager Auschwitz gebracht, wo sie am 29.1.1943 für tot erklärt wird.


Von Hans, geboren am 2.3. 1909, wissen wir nicht viel. Er bekam Unterhalt von seinen Eltern, denn die drei Kinder konnten infolge der antijüdischen Verfolgung weder eine Ausbildung abschließen noch einen Beruf ausüben. Die Geschwister Edith und Hans befanden sich im Arbeitslager, „Forstlager“ Kersdorf bei Briesen, das aufgelöst wurde und deren Insassen nach Auschwitz gebracht wurden. Ein letztes Lebenszeichen von Hans findet sich in der Devisenakte, wo er am 30.11. 1942 der Städtischen Sparkasse zu Petershagen mitteilt, ein ihm gehörendes Konto mit dem Betrag von 44, 75 Reichsmark aufzulösen.


Sohn Fritz Oppenheim (Fred Parker) war die Ausreise nach England 1939 gelungen und es ist bekannt, dass Dr. Moritz Oppenheim mit den anderen beiden Kindern und seiner Ehefrau die Ausreise vorbereiten wollte. Dies jedoch zu einem Zeitpunkt (November 1939), wo es für die zurückgebliebenen Juden so gut wie aussichtslos geworden war, das Land zu verlassen.


Quellen


Historisches Jahrbuch Petershagen, Menschen-Spuren-Wege, Bd 2, 2003-2004, S.73-107

Koblenzer Gedenkbuch, Gedenkbuch für die Opfer der nationalsozialistischen Judenverfolgung 1986 (2006), nicht ganz fehlerfrei, S. 2590 und S. 1119

Hindenburgstr. 12,

Mindener Straße 12


HIER WOHNTE

DR. MORITZ

OPPENHEIM

JG. 1871

DEPORTIERT 1942

THERESIENSTADT

TOT 5.10.1942

Mindener Str.12 1955

Hindenburgstr. 12,

Mindener Straße 12


HIER WOHNTE

JOHANNA OPPENHEIM

GEB. LINDEMEYER

JG. 1888

DEPORTIERT 1942

THERESIENSTADT

1943 AUSCHWITZ

ERMORDET

Hindenburgstr. 12,

Mindener Straße 12


HIER WOHNTE

HANS OPPENHEIM

JG 1909

DEPORTIERT 1943

AUSCHWITZ

FLUCHT IN DEN TOD

Hindenburgstr. 12,

Mindener Straße 12


HIER WOHNTE

EDITH OPPENHEIM

JG. 1914

DEPORTIERT 1943

ERMORDET IN

AUSCHWITZ

Dr. Moritz Oppenheim 1905

Schützenkönigin

Johanna Oppenheim 1911