Frieda Poli

 
 

Frieda Poli, geborene Grunsfeld wurde am 6. Februar 1871 in Hebenshausen geboren. Hebenshausen ist eine kleine Gemeinde einige Kilometer südlich von Göttingen, in der seit dem 17. Jahrhundert jüdisches Leben existierte und es heute das Gebäude einer “ehemaligen Synagoge” gibt. Dort lebte sie mit ihren Eltern Pauline und Isaak Grunsfeld vermutlich als älteste von 4 Schwestern. Ihr Vater war Gemeindevorsteher und Viehhändler. Er starb 1914, ihre Mutter 1922. Die Grabsteine ihrer Eltern befinden sich auf dem jüdischen Friedhof in Hebenshausen.


Frieda Grunsfeld heiratete 1896 den 10 Jahre älteren Meier Poli und wohnte mit ihm im Haus der Hindenburgstraße 20. Ihr Mann war Schlachter und sorgte für geregelte Einkommensverhältnisse. Ab 1930 war er Vorstandsmitglied der Synagogengemeinde.


Um das Jahr 1900 bekam das Ehepaar drei Kinder: Die Töchter Selma und Henny und den Sohn Martin. Die Kinder wohnten bis Mitte/Ende der 20er Jahre in Petershagen. Selma heiratete Max Mindus aus der Gegend von Leer in Ostfriesland. Martin wurde Mittelschullehrer in Frankfurt am Main. Henny heiratete Paul Gans aus Emmerich und schenkte Frieda Poli zwei Enkel.


Während des Novemberpogromes 1938 klirrten auch in der Hindenburgstraße 20 die Scheiben. An die Stalltür wurde ein Hakenkreuz geschmiert. Frieda Polis Mann wurde in der Folge des 9. November 1938 zweimal verhaftet und wieder freigelassen. Aufgrund der kurz nach der Reichspogrommnacht beschlossenen "Verordnung zur Ausschaltung der Juden aus dem deutschen Wirtschaftsleben" verkaufte Meier Poli sein Eigentum im Februar 1939 an die Stadt Petershagen. Er starb im März 1941 in Petershagen im Alter von 79 Jahren.


Eine Mitbewohnerin putzte einmal die Fenster der mittlerweile 70-jährigen Frieda. Die Frau wurde darufhin gefragt, wie sie es wagen könne für eine Jüdin die Fenster zu putzen. Sie  redete sich damit heraus, dass die Hausfront ja wohl einen schlechten Eindruck machen würde, wenn saubere und schmutzige Fenster nebeneinander zu sehen wären.


Von Frieda Poli ist aus einer Unterhaltung mit einer Nachbarin der verzweifelte Satz überliefert: "Warum sind sie denn nicht barmherzig zu uns? Sie sollten uns doch lieber gleich erschießen.” Frieda  Poli wurde am 31.7.1942 nach Theresienstadt deportiert und ist in Treblinka umgekommen. Von ihrer Herkunftsfamilie aus  Hebenshausen, hat niemand den Holocaust überlebt. Auch ihre Kinder und Enkel sind umgekommen. Lediglich ihrer Tochter Selma ist mit ihrem Mann die Auswanderung gelungen.



Quellen


www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/intro.html. Gedenkbuch, Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933 - 1945


www.yadvashem.org/wps/portal/IY_HON_Welcome. The Central Database of Shoah Victims' Names


Judenschicksale in einer kleinen Stadt - Martin Bodenstein, Freie Presse Nr. 26, 1960


Die Judenpolitik in Deutschland, 1933-1945, unter besonderer Berücksichtigung von Einzelschicksalen jüdischer Bürger der Gemeinden Minden, Petershagen und Lübbecke von Karin Kristin Rüter, Christian Hampel


Die jüdische Gemeinde Petershagen im Dritten Reich - Kristan Kossak


Alte Synagoge Petershagen: Historisches Jahrbuch Petershagen Band 2, 2003-2004, Arbeitsgemeinschaft Alte Synagoge Petershagen, Wolfgang Battermann, Martin Bodenstein, Arno Herzig, Bernhard Brilling, Ilse Birkwald, Uwe Jacobsen, Elfie Pracht, Berthold Fahrendorf-Heeren

Mindener Straße 20


HIER WOHNTE

FRIEDA POLI

GEB. GRÜNSFELD

JG. 1871

DEPORTIERT 1942

THERESIENSTADT

TREBLINKA

ERMORDET